Grenzen überschreiten. Wann darf man das? Wann macht man das? Wir weit geht man? In unserem Fall: Wie weit fahre wir? Gewissensfragen, die ich mir die letzten Wochen während des Lockdowns immer mal wieder stellte. Und schließlich entschied. Wir machen es. Wir überschreiten Grenzen. Und fahren einfach los. Solange, bis wir aufgehalten werden. Denn wir schaden niemandem. Wir bleiben in der Natur. Wir fassen niemanden an, kommen niemandem zu nahe. Verhalten uns korrekt. Aber verboten ist es trotzdem. Denn eigentlich sollen wir noch immer „in unserer Gegend“, also quasi „zu Hause“ bleiben. Was wir auch gemacht haben die letzten sechs Wochen. Wir waren in Nelson und hatten eine fantastische Zeit. Dahin wollen wir auch wieder zurückkehren, an unseren Strand, zu unseren Freunden. Um in Ruhe Abschied zu nehmen. Eigentlich wären wir such heute zurück nach Hamburg geflogen, wenn der Flug nicht storniert worden wäre. Antonia sagte heute heute mehrmals: „Ich bin so froh, dass wir jetzt noch nicht fliegen!“ Vor der Rückkehr nach Deutschland wollte ich noch einmal in die Gegenden fahren, die es mir besonders angetan hatten in Neuseeland. Und die nun ganz ohne Touristen sind. Einsam. Leer. Ich wollte filmen und die Eindrücke in mich aufnehmen, die Stille. Die Natur. Das Herbstlicht. Und Antonia und Helen hatten auch Lust, noch einmal loszuziehen. Und Angst, erwischt zu werden, sowieso nicht. Zum Glück. Also ging es los, zunächst zu den Nelson Lakes, nur eine Stunde von unsrem Neuseeland-Zuhause entfernt.

Danach ging es weiter südlich, an die raue Westküste und in DIE Touristengegend Neuseelands – bloß ohne Touristen. Der Grund: Covid19. Fast keiner mehr da. Man darf zwar weit fahren, sogar über die gesamten Inseln, aber nur unter bestimmten Umständen. Reisen darf man (noch) nicht. Wir fuhren 350 Kilometer. In eine Gegend, die zu den schönsten Neuseelands zählt, doch eigentlich wollte ich noch etwas weiter, wollte nur zwei Nächte in Hokitika an der Westküste bleiben und dann zu den Gletschern und ins Landesinnere. Als wir unsere Unterkunft in Hokitika erreichten, war es bereits dunkel und es schüttete aus Kübeln, als wir in unserem Ressort ankamen, das ich über eine booking-App gebucht hatte. An der Rezeption brannte Licht, ein Mann öffnete. Er begrüßte uns mit den Worten: „Wir sind im Shutdown. Wir dürfen nicht vermieten und vermieten nicht.“ Ich: „Das ist ja merkwürdig, denn davon war weder auf der Website noch bei der Plattform, über die ich gebucht habe, etwas zu lesen.“ Der Mann guckte in seinen Computer: „Oh, Sie haben Recht. Da habe ich Sie ja. Da scheint etwas schief gelaufen zu sein.“ Er murmelte etwas. Dann rief er seine Frau. Lange blonde Haare, an den Seiten eingeflochten, sie warf uns einen kurzen Blick zu und flüsterst mit ihm, in englisch, jedoch mit deutlichem deutschem Akzent. Dann bat sie ihren Mann in einen Nebenraum. Er kam mit Zetteln zurück, die ich alle unterschreiben sollte, Covid19-Regularien, persönliche Angaben und das Autokennzeichen. Wir bekamen ein Haus am äußersten Rande der Anlage – wir wir später feststellten, ist es die schönste Unterkunft. Und der Strand – wie aus einem Fantasyfilm. Und fantastisch zum Spielen…

selbterklärend

Unser Häuschen ist direkt am Meer, wir schlafen mit dem Meeresrauschen ein, unter hohen Dachschrägen, denn die Hütte ist zweistöckig, ganz aus Holz, mit großem Bad, Whirlpool und sehr gemütlich. Am nächsten Tag klingelte mein Telefon und uns wurde mitgeteilt, dass man die Polizei rufen würde, wenn wir nach zwei Tagen wieder abfahren würden, weil wir gegen das Gesetz verstoßen hätten – es sei denn, wir blieben länger, bis sich die Lage entspannt hätte, dann würde man uns eine „special offer“ machen, 50% des üblichen Preises! Wir hatten 20 Minuten Zeit zu überlegen. Wir sagten zu. Die Gegend ist ideal, um (fast) all das zu sehen, was ich gerne noch einmal oder ganz neu entdecken wollte, es ist wunderschön hier, der Strand traumhaft, die Unterkunft zum Wohlfühlen. Was allerdings sehr gewöhnungsbedürftig ist, ist die Tatsache, dass wir gemieden werden wir die Pest. Wir sollen weder zur Rezeption kommen (kein Kontakt bitte), noch dem „stuff“ der Anlage auf mehreren Metern Abstand nahe kommen. Das heißt, obwohl der Strand vor der Tür ist, steige ich ins Auto, fahre über die Anlage und parke dann am Strand. In Neuseeland gibt es seit Tagen keinen neuen Coronafall mehr und es herrscht keine Maskenpflicht. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, plötzlich als „Gefahrengut“ betrachtet zu werden. Aber die zum Niederknien schöne Natur dieser Gegend sowie die Mails unserer neuen Freunde in Neuseeland sind bedeutsamer.

am Strand von Okarito (Empfehlung von unseren NZ-Freunden)
Strand von Okarito

Von hier aus sind wir bereits zu den Gletschern gefahren, denn sie sind so nah, die Strecke so grandios, dass wir sogar noch einmal hin wollen, um auch zum anderen Gletscher, zum Fox Gletscher zu wandern.

Franz Joseph Gletscher
am Franz Joseph Gletscher

Wir wandern abenteuerliche tracks durch Regenwälder (nein, wir klettern – über Steine, Baumwurzeln und rutschen Abhänge hinab oder ziehen uns an Ästen Hänge hoch…)….

Und wir fahren von hier aus nur eine kurze und bilderbuchartige Strecke zu den laut Reiseführern „schönsten Seen Neuseelands“ – und sind, neben angelnden oder Kajak-fahrenden Neuseeländern, die einzigen Touristen, die Auto-und Busparkplätze sind leer, die tracks zum Wandern aber seit Level3 wieder geöffnet.

Lake Kaniere
Lake Kaniere
Lake Mathiesen („Spiegelsee“ am Mount Cook)

Und wir staunen immer wieder über die Southern Alps, Palmen und Riesenfarne im Tal, dahinter Bergkuppen, bis zu 4000 Meter hoch, schneebedeckt, lila schimmernd in der untergehenden Herbstsonne.

Und über die Skulpturen und das Licht an unserem aktuellen Strand in Hokatiko. Mit dem wahrscheinlich schönsten Sonnenuntergang der Westküste…Hier kann man – trotz „eingelockt im Lockdown“ – sehr gut eine Weile aushalten.

Und zum Schluss wirds etwas kitschig… 🙂

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..